KNITZ: Fiere em Nil

Quelle: Stuttgarter Nachrichten

So weit KNITZ die Sache beurteilen kann, verhält sich der Rheinländer, der sich in unseren Breiten niedergelassen hat, meist unauffällig. Er isst, ohne zu murren, Linsen und Spätzle, und selbst Bier, das in seiner Heimat aus fingerhutgroßen Gläsern getrunken wird, schüttet er aus den hier üblichen Gefäßen in sich hinein. Man könnte beim Rheinländer von geglückter Integration sprechen.

Nur wenn wir uns jenen Tagen nähern, die manche Menschen als närrisch bezeichnen, dann geht es dem Rheinländer so ähnlich wie einem Terrier, der plötzlich vor einem Rudel Rehe steht: Dann erinnert er sich an seine wahre Natur. Dann gibt es kein Halten mehr.

Wer glaubt, KNITZ übertreibe, dem sei an diesem Samstag ein Besuch im Café Nil im Mittleren Schlossgarten empfohlen. Dort feiert der Stuttgarter Verein Die Rheingeschmeckten mit gut 600 Glaubensbrüdern und schwestern eine Sause, die mit der schwäbischen Fasnet in etwa so viel gemein hat wie der Rhein mit dem Nesenbach.

In der Sprache der Rheinländer klingt das so: „Och diesmol fiere mer met üch em Nil.“ Und damit och diesmol fast alles wie daheim ist, gibt’s Bier aus Fingerhüten und DJ Balou, einen Partyschifferprobten, waschechten Kölner Plattenleger mit blondem Bürstenhaarschnitt.

Ob auch Schwaben bei dieser Jahr für Jahr größer werdenden Sause anzutreffen seien, will KNITZ von Frau Sonja Roth, der stellvertretenden Vorsitzenden der Rheingeschmeckten, wissen. Aber sicher, sagt Frau Roth, die meisten würden sich schnell an die kleinen Gläser gewöhnen.

Und dann interessiert KNITZ noch, warum die Karnevalsfete der eingewanderten Frohnaturen schon an diesem Wochenende steigt und nicht erst kurz vor dem Höhepunkt der Saison? „Weil dann die meisten in die Heimat geflüchtet sind.“ Wenn das so ist, wie kann es dann sein, dass die Rheingeschmeckten jedes Jahr mit einem Wagen beim Stuttgarter Faschingsumzug vertreten sind? „Da fahren die mit“, sagt Frau Roth, „die keinen Urlaub bekommen haben.“

KNITZ


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